Schätti Confiseriefabrik

Die Firma Schätti stellte von 1873 bis 1977 Zuckerwaren her. Das Fabrikgebäude, erbaut 1896, wurde 1987 abgebrochen. An seiner Stelle befindet sich nun das Altersheim (Stiftung Wohnen im Alter). Die ehemalige Fabrikantenvilla ist erhalten geblieben.
Vorgeschichte
1870 Die Familie Schätti von Oetwil betreibt im Tobel in Hinwil eine mechanische Baumwollspinnerei. Laut Pfarrer Arnold Näf wurde diese im Jahr 1833 «von Egli gebaut». [1] Vermutlich handelt es sich beim Betreiber um jenen Hans Jakob Schätti (1812–1867), der die Spinnerei im Jahre 1860 erworben hatte. [2] Auch sein Sohn Johann Hermann Schätti (1844–1908), der Gründer der Zältlifabrik, war noch als «Textiler» darin tätig gewesen. Die Spinnerei hatte aber wenig Erfolg und wurde verkauft. [2]
Chronologie
1873 Johann Hermann Schätti stellt im Gebäude des Restaurants Freihof versuchsweise in kleinen Mengen Schleckwaren her. [3] Diese sind, unter den Angestellten in der Industrie bei ihrer oft eintönigen Arbeit ein Bedürfnis, so die Theorie des Zürcher Sozialhistorikers Rudolf Braun. [4]
1874 Wirt Schätti kauft den Löwen (heute: Dürntnerstrasse 19, Zentrum). In dessen Kellerräumen werden unter der Leitung der «unermüdlichen Frau Schätti-Schmid» Malzzucker, später Pfefferminzbonbons und Füürstei hergestellt. [2]
1888 Johann Hermann Schätti erwirbt den Bauplatz für die Fabrik sowie das Wohnhaus (heute Dürntnerstrasse 12 a). Zu dieser Zeit werden wohl die beiden Wellington- oder Sequoiabäume gepflanzt, die 30 Meter hoch wachsen und als Wahrzeichen neben der Villa stehen. [2]
1890 Der Patron besucht die Weltausstellung in Paris und kurz darauf eine Ausstellung in Lyon. Dort erwirbt er Maschinen für seine Firma. [2]
1896 Das Fabrikgebäude wird erstellt und ist 1897 bezugsbereit, ausgerüstet mit neuen Maschinen, einem Dampfkessel und zwei kleineren Vakuumkochkesseln. [2]
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Johann Hermann Schätti-Schmid
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Hermann Schätti-Baumberger
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Hermann Schätti-Landrock
1903 Sohn Hermann Schätti (1874–1931) übernimmt die Firma und verheiratet sich mit Emma Baumberger. Sie ist ebenfalls im Betrieb tätig und «trägt viel zum Aufschwung des Unternehmens bei.» [3]
1931 Vater Hermann Schätti verunglückt am Steuer seines Automobils bei einer Ausfahrt ins Toggenburg tödlich. Frau und Tochter werden schwer verletzt. [5] Sohn Hermann Schätti (1905–1982) führt die Firma weiter. Er hat in verschiedenen deutschen Betrieben eine Fachausbildung genossen. Seine Frau Elly Schätti-Landrock stammt aus Berlin und wird zur «Seele des Betriebs». [2]
1939 bis 1947 wird die Fabrikanlage ausgebaut und mit modernsten Maschinen und Apparaten ausgerüstet.[2]

1948 Die Firma zählt 80 Angestellte, vorwiegend Frauen, [6] und elf Vertreter. Das 75-Jahr-Jubiläum der Firma wird gefeiert: Fest und Tanz mit der ganzen Belegschaft auf dem Bachtel. [7] Eine Jubiläumsschrift mit 40 Seiten erscheint im Dezember. [3]
1963 Die Firma wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Drei Mitglieder des Kaders, ein Freund der Familie aus Zürich sowie die Schwester von Hermann Schätti sind beteiligt. Grund für die Massnahme sind Liquiditätsengpässe durch Schulden bei einer deutschen Maschinenfabrik. [2]
1973 Hermann und Elly Schätti-Landrock ziehen nach Erlenbach. [2]
1976 Im Zürcher Oberländer ist zu lesen, dass die Produktion in Hinwil im Frühling 1977 eingestellt werde. 18 Arbeitnehmende sind betroffen. [2]
1982 Die Gemeinde Hinwil kauft das Areal der Schättifabrik. Hermann Schätti stirbt im Alter von 77 Jahren, seine Frau Elly Schätti-Landrock zwei Jahre später. [2]
1987 Die Gemeindeversammlung genehmigt das Projekt Neubau Alters- und Pflegeheim auf dem Fabrikareal. Die Fabrik wird durch die Armee abgebrochen. Um das Ofenhaus und den Hochkamin zu fällen, braucht es 20 Kilogramm Sprengstoff. [2]
2009 Das ehemalige Personalhaus der Schättifabrik neben dem Postgebäude wird abgebrochen und macht Platz für die Erweiterung des Altersheims. [8]
2024 Strassen um Umgebungen im Dorfkern sind neu gestaltet worden. Eine vergrösserte Zältli-Dose erinnert als Kreiselschmuck an die Firma Schätti.

Siehe auch
Fotos
Bilder zu «Schätti Confiseriefabrik»:
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Villa Schätti, Postkarte mit Stempel 16.12.1901
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Inserat von 1902
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Confiseriefabrik Schätti, ca. 1910
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Alter Löwen, Dürntnerstrasse ca. 1920.
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Briefkopf Firma Schätti, 1926
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Briefkopf Firma Schätti, 1941
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Portrait Firma Schätti, 1944
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Briefkopf Firma Schätti, 1945
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Briefkopf Firma Schätti, 1948
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Fabrik Schätti vor dem Abbruch, 1987
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Schätti-Stand am nostalgischen Markt 1995
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Blechdose der Firma Schätti
Videos
Dokumente
Schätti, Hermann (1948): 75 Jahre Schätti 1873–1948. Illustrierte Broschüre zum Firmenjubiläum. Gestaltet von W. Vogelsanger, Reklame- und Verkaufsberatung SRV, Bern. 40 Seiten (vorhanden im Archiv Ortsgeschichte).
Unterlagen im Archiv Ortsgeschichte
- Dokumentenarchiv: Dossier Firma Schätti
Objekte
Im Schaulager des Ortsmuseums befindet sich eine Fülle von Objekten im Zusammenhang mit der Firma Schätti: Büchsen, Schachteln, Verpackungen und Werbemittel.

Karte
Literatur
Presse
Haas, Erwin (1994): Glanz und Niedergang der Zältlifabrik Schätti. Süssbitter: Die Geschichte der Hinwiler Zuckerfabrik. Heimatspiegel Nr. 9, September 1994. Illustrierte Beilage zum Zürcher Oberländer. Wetzikon. 8 Seiten (vorhanden im Archiv Ortsgeschichte)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Näf, Arnold (1870): Geschichte der Kirchgemeinde Hinweil mit Hinweisungen auf die Umgebung. Von Arnold Näf, Pfarrer. Verlag Friedrich Schulthess, Zürich. 230 Seiten.
- ↑ 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 Haas, Erwin (1994): Glanz und Niedergang der Zältlifabrik Schätti. Süssbitter: Die Geschichte der Hinwiler Zuckerfabrik. Heimatspiegel Nr. 9/September 1994. Illustrierte Beilage zum Zürcher Oberländer. Wetzikon. 8 Seiten.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Schätti, Hermann (1948): 75 Jahre Schätti 1873–1948. Illustrierte Broschüre zum Firmenjubiläum. Gestaltet von W. Vogelsanger, Reklame- und Verkaufsberatung SRV, Bern. 40 Seiten.
- ↑ Braun, Rudolf (1965): Sozialer und kultureller Wandel in einem ländlichen Industriegebiet im 19. und 20. Jahrhundert. Eugen Rentsch Verlag Erlenbach-Zürich und Stuttgart. 368 Seiten.
- ↑ Der Freisinnige. Tagblatt für das Zürcher Oberland. Band 79 Nr. 139. Ausgabe vom 19. Juni 1931, Seite 2. Zum Artikel.
- ↑ Brühlmeier, Markus (1995): Hinwil. Alltag, Wirtschaft und soziales Leben von 745 bis 1995. © Gemeinde Hinwil/Markus Brühlmeier. Buchverlag Druckerei Wetzikon AG. 320 Seiten. (Das Buch ist im Archiv Ortsgeschichte Hinwil erhältlich.)
- ↑ Der Freisinnige. Tagblatt für das Zürcher Oberland. Nr. 306. Ausgabe vom 31. Dezember 1948, Seite 2. Zum Artikel.
- ↑ Frauchiger, Theres (2014): Die Zältlifabrik Schätti. In: Gemeindezeitung TOP Hiwil, Nr. 233 vom Februar 2014, Seiten 54 und 55.