Gemeindeplatz

1925 erwirbt die Gemeinde Hinwil einen Baumgarten im Ortszentrum. Nicht alle sind damit einverstanden. Regelmässig finden heute auf dem Gemeindeplatz Anlässe statt und die meiste Zeit dient er als kostenpflichtiger Parkraum.
Allgemeines
Der Gemeindeplatz misst etwa 60 auf 70 Meter und umfasst rund 4500 Quadratmeter.[1] Auf dem Grundstück steht die Gemeindescheune (Dürntnerstrasse 17.1).
Chronologie

1923 Der Gemeinderat trifft Abklärungen bei der Besitzerschaft von drei Grundstücken mit Baumgärten im Dorfzentrum. Eine Eigentümerin ist Anna Paulina Furrer (1882–1956) aus Winterthur. Im Oktober schreibt sie an den Gemeinderat: «... teile ich Ihnen höflichst mit, dass es richtig ist, dass ich eventuell bereit bin, fragliches Stück Land zu verkaufen, wenn ich dafür einen angemessenen Preis erhalte. [...] Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass auch noch andere Liebhaber sich um den Kauf bemühen.»[2]
1925 Es kommt zum Vertragsabschluss: Anna Paulina Furrer verkauft der Gemeinde 47 Aren Land zum Preis von 20 Rappen pro Quadrat-Fuss. Zum gleichen Preis veräussern Briefträger Albert Weber 2½ Aren und Landwirt Adolf Köng-Haegi 22 Aren. Er behält die Bäume, die er auf dem Grundstück noch fällen will.[2]
1925 250 Männer erscheinen zur Gemeindeversammlung vom Sonntag, 8. März. Für den Erwerb der Grundstücke machen sich die Veranstalter der Bezirksviehausstellung stark und auch der Gewerbeverein unterstützt das Vorhaben. Dorfarzt Walter Amstad (1879–1972), gleichzeitig Präsident der Sekundarschulpflege, votiert dagegen. Während man von den Schulen stets Sparsamkeit fordere, gebe man hier unnötig Geld aus. Dorf- und Bahnhofplatz seien gut genug für die Viehschau und ein Chilbiplatz sei auch nicht nötig. Ausserdem sei mit hohen Folgekosten zu rechnen und schliesslich eigne sich das unebene Gelände nicht als Sportplatz. Die Befürworter setzen sich mit 170 Stimmen durch.[3]

1925 Der Kauf wird am 11. Mai beurkundet. Anna Paulina Furrer akzeptiert einen Schuldbrief der Gemeinde in der Höhe von 5000 Franken als Teil des Kaufpreises. Metzgermeister Ferdinand König (1873–1953) schenkt der Gemeinde noch fünf Quadratmeter angrenzendes Land.[2]
1925 Am 21. September findet die Bezirksviehausstellung auf dem neuen Gemeindeplatz statt (siehe Foto unten).[4] Eine Woche später hält der Ortschronist fest: «27. Sept. Kirchweihfest auf dem neuen Gemeindeplatz, der aber in Folge anhaltendem Regen fast nicht passierbar ist.»[4]

1926 In der Gemeindegutsrechnung für 1925 wird der neue Platz zu einem Wert von 5000 Franken verbucht. Inklusive Kanzlei- und Vermessungskosten sowie der Erstellung eines Zufahrtssträsschens wendet die Gemeinde für den Erwerb 10'140.80 Franken auf. «Soll das Areal bei allen Witterungsverhältnissen den vorgesehenen Zwecken dienen, bedarf es weiterer Verbesserungen», heisst es im Geschäftsbericht. [5]
1926 Für knapp 700 Franken lässt die Gemeinde Entwässerungsleitungen verlegen und erhält dazu einen kantonalen Beitrag in der Höhe von 67 Franken.[2]
1928 Der Turnverein darf den Platz fürs Rangturnen benutzen und hebt eine Sprunggrube von 50 cm Tiefe aus.[2]
1929 Oberst Spoerry inspiziert die Jungwehr Hinwil auf dem Gemeindeplatz. Das Elektrizitätswerk des Kantons Zürich offeriert die Installation einer Beleuchtung samt Steckdose 145 Volt für 257 Franken.[2]
1930 Es werden Offerten eingeholt für eine verbesserte Entwässerung mit Kosten von rund 1500 Franken.[2]

1931 Die Rechnungsprüfungskommission begrüsst ausdrücklich das Vorhaben des Gemeinderates, eine Anbindevorrichtung für das Vieh und einen Abort zu erstellen. Die Kommission regt an, die Arbeiten so schnell als irgend möglich durch Arbeitslose erledigen zu lassen.[2]
1933 Drei Anwohner beschweren sich schriftlich über Belästigungen durch Fussballspiele auf dem Gemeindeplatz. Emil Stutz-Reutimann, Bauführer aus Hinwil, regt den Gemeinderat an, sich für die Einrichtung einer Spiel- und Turnwiese einzusetzen, «[so] dass es speziell in Rekrutenschulen verschwindet, dass 20-jährige Jünglinge nicht einmal Böcklispringen können und überhaupt keine blasse Ahnung einer körperlichen Ertüchtigung haben.» Der Gemeinderat antwortet, die Finanzen liessen keinen Sportplatz zu und weist darauf hin, «dass die Jugend auf dem Lande eher Gelegenheit hat in der freien Zeit, sich gesunder und nützlicher Betätigung im Garten, Feld und Wald zu widmen.»[2]
1935 Die Gemeinde erwirbt von der Landwirtschaftlichen Genossenschaft 240 Quadratmeter Land beim Gemeindeplatz für 1320 Franken.[2] Auf dem Grundstück wird ein Oekonomiegebäude erstellt, die Gemeindescheune (Dürntnerstrasse 17.1). Für Landerwerb und Baukosten bewilligt die Gemeindeversammlung vom 28. Juni total 12'000 Franken.[6]

1946 Der Unteroffiziersverband Zürcher Oberland erhält die Erlaubnis, auf dem Gemeindeplatz einen Granattrichter auszuheben (Durchmesser 1.5 Meter, Tiefe 1 Meter). Er dient als Ziel für Handgranaten-Wurfkörper und wird nach dem Training jeweils mit Brettern zugedeckt.[2]
1950er-Jahre Peter Sieber, aufgewachsen am Gemeindeplatz, erinnert sich: «Noch in den fünfziger Jahren bestand der Gemeindeplatz aus einer baumbesetzten Wiese, die diagonal von einem Weg durchschnitten wurde. Bei der Gemeindescheune befand sich das grosse Holzlager des nahen Bezirksgefängnisses. Hin und wieder konnte man beobachten, wie ein paar Häftlinge unter Aufsicht Holz auf einen Handwagen luden und über die Dürntnerstrasse in den Gefängnishof transportierten.»[7]

1973 Der Gemeindeplatz wird vollständig asphaltiert. [7]
1974 «In und um die Gemeindescheune sind untergebracht: die Militärküche, das Gerätemagazin für die Gemeindearbeiter mit Salzstreumaschine und Schneepflug sowie die Dörranlage, die allerdings 1973 nicht im Betrieb ist.»[7]
2010 Es werden Schranken angebracht sowie ein Automat für Parkbillette.
2023 Im Rahmen des Fiirabigmärts von Anfang Oktober ist die Bevölkerung eingeladen, Ideen für eine Neugestaltung des Gemeindeplatzes einzubringen.[8]
2024 Es finden im Frühling zwei Workshops statt zum Projekt Gemeindeplatz 2028+.[8]
Siehe auch
Fotos
Bilder zu «Gemeindeplatz»:
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Postkarte Hinwil Zentrum, Stempel 1907
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Hinwil, Dorfzentrum, ca. 1924
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Erste Viehschau auf dem Gemeindeplatz, 1925
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Gemeindescheune, erbaut 1935
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Bachtelstrasse und Gemeindeplatz, 1939
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Ortskern Hinwil, ca. 1940
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Gemeindescheune, 2003
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Chilbi auf dem Gemeindeplatz, 2003
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VoN-Hütte auf dem Gemeindeplatz Hinwil, 2003
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Gemeindeplatz Hinwil, 2004
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Insiderweglein am Gemeindeplatz Hinwil, 2006
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Gemeindeplatz Hinwil, 2025
Unterlagen im Archiv Ortsgeschichte Hinwil
- Baugeschichtliches Archiv: Gemeindeplatz
- Baugeschichtliches Archiv: Alter Gemeindeplatz
Karte
Einzelnachweise
- ↑ Messung gemäss map.geo.admin.ch
- ↑ 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 Köng, Walter: Sammelmappe mit Dokumenten zum Gemeindeplatz Hinwil. Aus: Nachlass des ehemaligen Gemeindeschreibers Walter Köng-Hotz. Archiv Ortsgeschichte Hinwil.
- ↑ Regionalzeitung Der Freisinnige, Ausgabe vom 9. März 1925, Seite 2 [Direktlink zum Artikel].
- ↑ 4,0 4,1 Feurer-Bodmer, Henri (1925): Chronik der Gemeinde Hinwil 1925. Archiv Ortsgeschichte Hinwil. 21 Seiten. Handschriftlicher Eintrag auf Seite 9.
- ↑ Gemeinde Hinwil (1926): Oeffentliche Gutsrechnungen und Geschäfts=Berichte der Gemeinde Hinwil vom Jahre 1925. Archiv Ortsgeschichte Hinwil.
- ↑ Verzeichnis der Gemeindebeschlüsse im Achten Jahrheft der Antiquarischen Gesellschaft Hinwil 1935. (Das Heft ist im Archiv Ortsgeschichte Hinwil erhältlich.)
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Sieber, Peter (1974): Wie Hinwil zu seinem Gemeindeplatz kam. Artikel im Mitteilungsblatt top hinwil vom 12. März 1974, Seiten 1 bis 3. Herausgegeben vom Gewerbeverein Hinwil. Vorhanden im Archiv Ortsgeschichte Hinwil.
- ↑ 8,0 8,1 Chronist vor Ort.